Carfree Times

      Ausgabe 45

26.2.2007     
 
Beja
Beja
©2006 J.Crawford

Bekanntmachungen

Neues vom Unfall

Wie in der letzten Ausgabe berichtet waren meine Eltern vor fünf Monaten in einen Autounfall verwickelt. Seit Anfang Dezember ist mein Vater wieder zu Hause. Meine Mutter erholt sich nach schwierigen Zeiten gut und ist guter Dinge, bald nach Hause zu dürfen. Als Beobachter der Vorkommnisse kann ich feststellen, dass die Folgen eines Autounfalls schlimmer sind als man sich ausmalt.

Unterstützung von Carfree.com

Michael Hoag von Village At spendete das Geld, das Carfree.com bis Juni 2006 bis März 2007 am Laufen hält. Zwei anonyme Spender zahlten den April und Mai. Bernard Delloye zahlte die Serverkosten im Juni 2007. Danke allen Spendern für ihre Großzügigkeit. Gehen Sie bitte zur Unterstützungs-Seite wenn Sie einen eigenen Beitrag leisten wollen.

Carfree Design Manual

Ich habe die Arbeit am neuen Buch wieder aufgenommen, doch momentan kann ich nur wenige Stunden in der Woche dafür aufbringen, daher ist das Fortkommen langsam. Das Buch nimmt allerdings langsam Gestalt an und verspricht sehr interessant zu werden wenn es einmal fertig ist.

Carfree Cities Verfügbarkeit

Sowohl die Paperback- als auch die gebundene Ausgabe von Carfree Cities sind weithin erhältlich. Details auf der Bestellseite.

Danke

Danke an alle, die Berichte an Carfree Times weitergeleitet haben. Ich höre auf, jeden namentlich zu nennen da ich fürchte, jemanden zu vergessen.


   World Carfree Network

Carfree.com unterstützt das World Carfree Network (WCN) im Allgemeinen, im Besonderen durch Veröffentlichung der wichtigsten Bekanntmachungen. Besuchen Sie die WCN Webseite wenn Sie an umfassender Information über die Aktivitäten des Netzwerks interessiert sind.

Towards Carfree Cities VII

Towards Carfree Cities VII wird vom 27.-31. August in Istanbul stattfinden. Unter dem Motto "Lebenswerte Zukunft für die Welt im Klimawandel" wird die diesjährige Konferenz an der Istanbuler Mimar Sinan University of Fine Arts abgehalten werden. Die Frühregistrierung endet am 31. März, anschließend kostet die Reservierung 25% mehr. Übermitteln Sie Ihre Programmvorschläge (Präsentationen, Workshops, Aktivitäten etc.) bis zum 30. April. Schliessen Sie sich dem WCN in Istanbul an, entdecken Sie die Magie der Stadt und tragen Sie dazu bei, dass diese Konferenz die beste aller Zeiten wird. Details unter www.worldcarfree.net/conference for details.

Towards Carfree Cities VIII

Zwei gute Vorschläge wurden betreffs der TCFC VIII 2008 gemacht, die erste von San Luis Potosi, Mexiko, und die zweite aus Portland, Oregon, USA. Bei Drucklegung gab das WCN-Planungskomittee bekannt, dass die Wahl auf Portland gefallen sei. In Bezug auf öffentlichen Nahverkehr, Radfahren und Fußwege ist diese Stadt die bedeutendste in den USA, ebenso betreffend die Begrenzung des städtischen Wachstums. Wir dürfen uns auf eine spannende Konferenz freuen.

Neue "Cut My Car Use" Diskussions-Gruppe

Diese neue "E-Group" soll Menschen auf ihrem Weg zu einem weniger autoabhängigen Lebensstil helfen. Mitglieder können Informationen austauschen und Rat suchen, wie sie ihren Autogebrauch einschränken oder ganz ohne Auto leben können. "Experten", die Ratschläge geben können, werden ebenfalls gesucht. Mitglied werden (In Englisch).

Mitglied des Carfree Network werden

Unterstützen Sie das WCN: werden Sie Mitglied auf einer von vier Stufen, beginnend bei €15 Jahresbeitrag. Jede Art Mitgliedschaft beinhaltet die Subskription des Carbusters-Magazin, und die höheren bieten weitere Vorzüge.

Netzwerk Projekte

Das Netzwerk fördert viele Projekte, an denen Sie teilnehmen können, angefangen von der jährlichen Ecotopia Fahrradtour zu dem autofreien Pilotprojekt. Auf der Projektliste können Sie auch Kontakt mit den Projekt-Koordinatoren aufnehmen. Das Netzwerk sucht auch immer motivierte junge Leute (EU-Bürger im Alter zwischen 18 und 25 Jahren) für einjährige Praktika bei dem Prager Team.
 



Beja
©2006 J.Crawford

Abschied von Portugal

In den Jahren, die ich in Portugal lebte, habe ich die Herzlichkeit der Menschen dort, und die bezaubernden alten Stadtzentren schätzen gelernt. Nun musste ich in die USA zurückkehren und werde Portugal vermissen. Einen Rückblick geben ich in dieser Ausgabe durch eingestreute Fotografien portugiesischer Städte, die ich kennen und lieben gelernt habe.


 

Kurznachrichten


Obidos
©2006 J.Crawford

Autofreies Freiburg

Familien in Freiburg-Vauban nutzen Fahrradanhänger, keine Off-Roader, um ihre Kinder zur Schule zu bringen. Vauban gilt mittlerweile als die Erfolgsgeschichte, wenn es um den Versuch geht, eine grüne Wohnumgebung zu schaffen, in der man auch gerne lebt. Vauban umfasst 2.000 neue Häuser auf einem alten Militärgelände unweit des Stadtzentrums, eine Stadt in sich, aus der die Autos entfernt und Fahrräder eingelassen wurden. Viele Ideen, die einst als "Öko-Fantasterei" abgetan wurden, werden in Deutschland zum Standard. Das mag auch mit dem Spritpreis in Deutschland zu tun haben, der doppelt so hoch ist wie in den USA.

Freiburg (216.000 EW) hat sein mittelalterliches Stadtzentrum deutlich fußgängerfreundlich gestaltet. Man baute ein Netzwerk von Radwegen und führte günstige Pauschaltarife für Busse und Straßenbahn ein.

Jan Scheurer, einer der geistigen Väter der autofreien Bewegung, sagte: "Vauban ist ganz klar ein Angebot an Familien mit Kindern autofrei zu leben. Gedacht ist die Siedlung als Gegenmittel gegen die Zersiedelung."

Die 4.700 Einwohner von Vauban haben allerhand "Zuckerbrot", das ihnen das autofreie Leben versüßt. Doch die Peitsche wird ebenfalls genutzt: Parkplätze, die es nur am Rande der Siedlung bei einer Autowerkstatt gibt, kosten 14.000 Euro. Nur etwa 40% der Bewohner haben einen Stellplatz erworben, in vielen Fällen nur für Besucher. Autos besitzen in Vauban nur 150 von 1.000 Bewohnern, etwa ein Drittel wie sonst in Freiburg, und weniger als ein Viertel als im autofixierten Amerika. Doch selbst in den USA gibt es Städte wie Davis/Kalifornien, die eine Vorreiterrolle bei der autofreien Stadtentwicklung einnehmen. Dort fahren 17% mit dem Rad zur Arbeit. (Davis ist wie Freiburg Universitätsstadt.)

Im Jahre 1998 kaufte die Stadt Freiburg das Vauban-Quartier und entwickelte zusammen mit den Freiburger Grünen einen Bebauungsplan. Schlüsselelemente waren die Schaffung von ökologischer, sozialer, wirtschaftlicher, und kultureller Infrastruktur besonders für junge Familien. Die Stadt ließ kleine Kooperativen die Häuser gestalten und errichten anstatt das Gelände einfach nur einem Investor zur Verfügung zu stellen. Dieser Ansatz führte zu einem ganzheitlichen Plan zur Schaffung eines nachhaltigen Stadtbezirks.

Die Straßen wurden absichtlich zu schmal gebaut um Autos aufzunehmen. Schulen sind direkt in dem Viertel gelegen, was der sehr jungen Bevölkerung (ein Drittel ist im Schulalter) entgegen kommt. Da die deutsche Bevölkerung immer mehr altert und schrumpft ist das Modell Vauban geeignet, Bewohner und besonders junge Familien anzuziehen. "Es gibt immer weniger junge Leute. Eine gute Infrastruktur mit hoher Lebensqualität für Kinder und alte Menschen ist nötig", sagt Thomas Schleifnecker, Stadtplaner aus Hannover. Doch nach Scheurers Worten ist Vaubans Einzigartigkeit darin begründet, dass "hier eine Bewegung von unten mit offizieller Stadtratspolitik zusammen kam. Die Gesellschaft kam bei jedem Planungsstadium mit der Regierung und dem Privatsektor zusammen."

Die Zukunft naht, und sie kommt zu Fuß, auf dem Rad oder im öffentlichen Nahverkehr. Verpasst nicht den Anschluss!

"New German community models car-free living"
Christian Science Monitor
2007-12-20


Lagos
©2005 J.Crawford

Autofreie Mogelpackung in Italien

Die kleine italienische Stadt Spoleto steht unter zunehmender Belastung durch den Autoverkehr und die Luftverschmutzung hat deutlich zugenommen. Und doch es gibt einige, die von einem autofreien Spoleto träumen. Unglücklicherweise könnte das Projekt "Spoleto: Eine autofreie Stadt offen für jedermann" die Dinge nicht wirklich bessern.

Das Projekt beinhaltet die Errichtung von drei großen Parkhäusern mit einer Kapazität von 1.000 Autos insgesamt außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern. Diese Parkhäuser sollen mit der historischen Altstadt durch 500m lange Gehwege, Aufzüge und Rolltreppen verbunden werden. Die Kosten betragen 50 Millionen €. Ziel ist die vollständige Erschliessung des historischen Stadtzentrums für Fußgänger.

Doch es bleiben Zweifel. Eine örtliche Umweltgruppe, Legambiente Spoleto, hat dem Projekt von Anfang an Widerstand entgegen gesetzt, da das Projekt zu einem Massenansturm führen kann und der Platz dafür viel zu beschränkt ist. Es werden hohe Instandhaltungskosten entstehen. Schließlich werden die wichtigsten Probleme dadurch nicht gelöst: Verbindungen zwischen dem Stadtzentrum und den umgebenden Vorstädten, der Verkehr auf den Hauptverkehrsstraßen, die Anzahl der Autos und der ungenügende öffentliche Nahverkehr. Die Luftqualität dürfte sich kaum verbessern wenn das Bauvorhaben fertiggestellt ist. Es richtet sich an Touristen und mißachtet die Bedürfnisse der Bürger, die meist in den Vorstädten leben, in denen sich auch die meisten Geschäfte befinden. Letztlich rechtfertigt auch die Zahl der Touristen nicht die Errichtung dreier Parkhäuser.

Bisher wurde nur das erste Parkhaus eröffnet. Die beiden anderen sind noch im Bau, doch das erste ist den größten Teil des Tages über verwaist. Die Durchfahrts- und Parkverbote im Stadtkern sind auf bestimmte Zeiten und Stadtteile beschränkt (selbst an Wochenenden), daher hat das erste Parkhaus wenig Nutzen gebracht.

Die entscheidende Frage ist, ob die örtliche Regierung wirklich die mittelalterliche Altstadt Spoletos für Autos sperren will. Darauf dringt Legambiente und auch auf die Restaurierung des Stadtzentrums, die den Menschen erlauben würde wieder dort zu leben. (Heute leben nur 4.400 Menschen in der Altstadt, verglichen mit 11.000 in den Siebzigern; die Bevölkerung des Großraums insgesamt hat sich nicht verändert.) Legambiente fordert ebenso die Einführung radikaler, nachhaltiger und sanfter Mobilität für die Stadt.

Ich möchte nachtragen, dass man sich im Falle Italiens, wie auch vieler anderer Länder, fragen muss, ob solche Vorhaben nicht nur deswegen unternommen werden, damit sich die der Politik nahestehenden Tiefbauunternehmen die Taschen vollstopfen können. Umweltgesichtspunkte haben meist nichts mit den Motiven der Mächtigen zu tun.


Villa Real de Santo Antonio
©2005 J.Crawford

Besser Zuckerbrot?

Santa Barbara in Kalifornien geht neue Wege bei seiner Wohnanlage "Casa de Las Fuentes". Die 42 Sozialwohnungseinheiten bieten optimalen Zugang zu Arbeit, Geschäften, Erholungsgebieten und Nahverkehr. Es gibt nur 16 Autos in dem ganzen Komplex, ein Ergebnis der städtischen Politik. Bei der Vergabe von Wohnungen herrscht höchste Priorität für diejenigen, die in der Innenstadt arbeiten, kein Fahrzeug besitzen und für die Dauer ihrer Miete auch darauf verzichten. Die Miete wird dann um 50 US-Dollar vermindert. Der Stadtrat setzte das Ziel städtischer Politik, dass die Menschen zur Arbeit laufen können.

Jeffrey Tumlin von "Nygaard Associates transportation consultants" sagte: "Die effektivste Reduzierung von Verkehr liegt in der Verfügbarkeit von Wohnraum. Wohnen und Arbeiten zusammen zu bringen schafft Profit. Dies ist eine Art der Verkehrsreduzierung mit "negativen Kosten".


Beja
©2006 J.Crawford

Traumlandschaft?

Melbournes kultige Sydney Road ist mittlerweile derart verstopft und verschmutzt, dass Bürgermeister O'Brien plant sie für sämtliche Autos auf großer Länge zu sperren. In seiner ersten Rede als Bürgermeister strich er die Vorzüge einer autofreien Einkaufsstraße heraus. "Dies wird der längste Boulevard der Welt. Was könnte uns in dieser wunderschönen Szenerie überhaupt fehlen? Autos, Lärm, Gestank und Verkehrsbewegungen."

Die Vision des Bürgermeisters ist eine vier Kilometer lange Geschäftsmeile, die binnen drei Jahren fertiggestellt sein könnte. Die Öffentlichkeit hat die Sydney Road bereits bei der Veranstaltung "Cyclovia" autofrei erlebt und begrüßte das Vorhaben.

"Sydney Road: a boulevard of dreams"
The Age
2007-01-07


Beja
©2006 J.Crawford

Städtische Dörfer

Das "CoolTown blog" enthält eine Artikelserie über "beta communities", d.h. Menschen, die sich zusammentun um eine Gemeinschaft zu bilden, in der sie hoffen leben zu können, und zugleich der Gesellschaft ihre Vision mitteilen. Die folgenden Links sind lesenswert:

Coimbra
©2005 J.Crawford

Fixing Our Communities

Richard Joseph Jackson veröffentlichte kürzlich Zersiedelung und Gesundheit (Urban Sprawl and Public Health) (mit Howard Frumkin and Lawrence Frank). Die Botschaft lautet schlicht und einfach: Unsere autofixierte, zersiedelte Umwelt bringt uns um. Die New Urbanists sagen das nun schon seit Jahrzehnten, Jackson aber hat die Zahlen. Er weist nach, wie die Zersiedelung zumindest zum Teil verantwortlich ist für eine weite Palette amerikanischer Krankheiten: Asthma, Diabetes, Bluthochdruck, Depressionen. Die USA, wo einer von sechs Dollar für Gesundheit ausgegeben wird, weisen gleichwohl eine der schlechtesten Gesundheitsstatistiken in den Industriestaaten auf.

Jackson arbeitete über 25 Jahre als Kinderarzt und war Direktor des National Center for Environmental Health der CDC. Befragt wurde er von Jeff Speck, Stadtplaner und Designchef des National Endowment for the Arts:

Es scheint dass das Gehen aus unseren Vorstädten eliminiert wurde: Einfach das, was man tut um irgendwohin zu gelangen. Das geht nur in Mischverkehrsgebieten. Wenn man seine Besorungen erledigt merkt man gar nicht, wie man läuft. Der weitere wichtige Punkt ist öffentliche Sicherheit. Sicherheit ist ein sehr wichtiges Thema auf der Agenda. Verbrechen und Autounfälle zusammengenommen ergeben ein 20 Prozent höheres Risiko, in einer Vorstadt ums Leben zu kommen.

Doch wir kennen das Gegenmittel für diese Probleme. Wir wissen doch, wie wir Kommunen mit zentralen öffentlichen Plätzen und umgebenden Wohngebäuden errichten können, mit Gehsteigen, Parks und Nahverkehr, der Kindern und Senioren das Fortkommen erlaubt. Ich denke, dies ist der Augenblick, in dem Amerikas Gemeinden neu erfunden werden sollten, um zu dem zu werden, was sie in ihren besten Zeiten waren.

Wir sprechen hier von einem kulturellen Wandel, und es ist die Kunst, die so bedeutend wird wenn eine Kultur geändert werden soll. Wir Ärzte können ewig von Krankheit von reden, doch der wirkliche Wandel wird angestoßen wenn die Kunst - Erzählkunst, Musik und all die Dinge, die unserem Leben Wert und Freude verleihen - auf unsere Gesundheit hin ausgerichtet werden. In diese Richtung müssen wir gehen.

Wo sind also die Künstler? Hallo? Geht da was?

"Our Ailing Communities"
MetropolisMag.com
2006-10-11


Obidos
©2006 J.Crawford

Städte im Jahre 2050

Nachfolgend eine lose Folge von Zitaten von Koryphäen, die kürzlich auf der Webseite der BBC veröffentlicht wurden:

Hank Dittmar, US Verkehrsexperte und Chef der Prince's Foundation for the Built Environment

Im Jahr 2050 werden, so hoffe ich, Städte eine viel innigere Beziehung mit ihrem umgebenden Land hergestellt haben, sowohl was das Bauen mit Hilfe lokal erzeugter Stoffe, als auch was die traditionelle Architektur betrifft.

Wir sollten Städte anstreben, die sich mehr um Fußgänger als um den Autoverkehr herum entwickeln, und eine Lebensweise unterstützen, die den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Menschen vor Ort entspricht.

Ein Schritt in diese Richtung ist der Gedanke an die zeitlosen Strukturen, wie Städte sein sollten. Und das bedeutet sich Städte eher in typologischer Weise vorzustellen, denn als eine Reihe einmaliger bildhauerischer Objekte mit Knalleffekt.

Wir müssen lernen uns vorzustellen, dass unser Arbeitsplatz nahe unserer Wohnung liegt. Wenn wir das tun werden wir den Verkehr verringern und die Menschen werden näher bei ihren Familien arbeiten. Dann werden die Städte polyzentrisch werden, anstatt monozentrisch, wo jeder von zu Hause wegfahren muss um zur Arbeit zu kommen.

Michael Dear, Professor für Geografie an der University of Southern California

Wir bauen keine Städte mit Stadtzentren mehr; Stadtzentren werden nachträglich als ästhetischer Anstrich eingefügt oder als Einkaufsgelegenheit. Wir haben eine beliebige Wucherung städtischen Raums, der alsbald zur Kollision führt und dann beginnen wir die äußerlichen Zeichen konventioneller Städte aufzutragen.

Nigel Thrift ist Vizekanzler der University of Warwick und einer der führenden Humangeografen und Sozialwissenschaftler

In den Industriestaaten wird um 2050 die nachhaltige Energieversorgung das große Geschäft sein und die Zersiedelung, wie wir sie jetzt in den USA sehen, wird aus Kostengründen ans Ende gekommen sein.

Stephen Graham ist Professor für Humangeografie an der University of Durham

Ich denke es gibt einen Bedarf nach persönlichem Kontakt, egal wie leistungsfähig die Technologie ist - und wir werden um 2050 natürlich radikale technische Umwälzungen haben. Diese Umwälzungen werden eher im Miteinander als im Gegeneinander stattfinden.

Ich denke, dies sind optimistische Signale, die sich auf eine außerordentlich schnelle Demokratisierung stützen.

Walden Bello, Executive Director des Forschungs- und Politikwissenschaftsinstituts "Focus on the Global South" in Bangkok

Die Hauptstadt des Landes wird zum Paradigma für den Rest Amerikas: Washington, D.C., eine vorwiegend von Schwarzen bewohnte Stadt, wird von einer weißen Minderheit dominiert, die tagsüber in der Stadt arbeitet, des Nachts aber in den Vorstädten in Maryland und Virginia lebt.

Die Stadtlandschaft, wie sie Paul Theroux in seinem Roman "0-Zone" 1986 nachgezeichnet hat, wo Reiche in künstlichen "grünen" Enklaven leben, vor den verwüsteten Gebieten um sie herum, in denen der Rest zu Hause ist, beschützt von Privatarmeen, dürfte bald Wirklichkeit werden.

"Viewpoints: The urban world in 2050"
BBC News
2006-06-20


Porto
©2005 J.Crawford

Die Tram-Revolution

In den vergangen Jahren wurden Straßenbahnen und leichter Schienenverkehr als eine Kategorie gesehen: als Schienensysteme, die nicht dem Schwerverkehr dienen, auf denen also keine schweren Züge verkehren. Ein wesentlicher Unterschied wurde allerdings übersehen: Ob nämlich die Schienen in der Mitte einer Straße verlaufen (Tram) oder in einer eigenen Trasse (leichte Schienenfahrzeuge). Leichter Schienenverkehr ist ziemlich teuer, aber erheblich billiger als U-Bahnen. Straßenbahnen sind das preisgünstigste Schienenverkehrssystem da sie in der Mitte der Straße verlaufen. Die Trasse kostet nichts.

Straßenbahnen wurden teilweise abgelehnt weil sie den Autos den Platz auf der Straße wegnehmen und ihrerseits durch den Autoverkehr behindert werden. Dies hat ihrer Popularität in Europa keinen Abbruch getan, wo viele Städte die Schienen nie aus der Stadt verbannten. In den USA sind solche Systeme seit den Siebzigern faktisch verschwunden.

Dennoch erlebt die Straßenbahn plötzlich wieder eine Renaissance in amerikanischen Städten, oft in den Städten, denen sie Jahrzehnte zuvor ihr Gesicht gab. Einige Städte haben ihre Straßenbahnen bereits wieder in Gang gebracht und etwa drei Dutzend planen es, darunter Tucson, Birmingham, Miami und Trenton. Straßenbahnen wurden in verschandelten Stadtvierteln zu einem wichtigen Investitionsobjekt. Ein wichtiger Punkt dabei ist schlicht die Wirtschaftlichkeit. Straßenbahnen sind preisgünstiger weil sie leichtere Waggons haben und den Platz mit anderen Verkehrsteilnehmern teilen. Und mehr noch als die Eisenbahn rufen Straßenbahnen nostalgische Gefühle hervor.

Viele neue Straßenbahnlinien heute sind eher kurz - nur wenige Meilen lang. Sie kosten 10 bis 15 Mio. Dollar pro Meile, verglichen mit 50 bis 75 Mio. bei leichtem Schienenverkehr und ca. 200 Mio. bei U-Bahnen. Wie in der Vergangenheit übernehmen einzelne Bauträger teilweise die Kosten, was ihnen in Form höherer Grundstückswerte wieder zugute kommt. Zuletzt besteht der Nutzen auch in relativ kurzen Baufristen.

"Streetcars Back on Rails in America"
TreeHugger
2007-01-15
"Cities rediscover allure of streetcars"
USA Today
2007-01-10


Faro
©2005 J.Crawford

Neues vom Nahverkehr in den USA

Dave Morris fasste die neuesten Zahlen aus den USA für Carfree Times zusammen:
  • Zweistellige Zuwächse bei den Passagierzahlen in einigen US-Städten. Besonders gut macht sich der leichte Schienenverkehr.
  • 14 Millionen Amerikaner fahren werktags mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
  • In den ersten neun Monaten des Jahres 2006 unternahmen die Amerikaner mehr als 7,8 Milliarden Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, 3 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.
  • Der leichte Schienenverkehr verzeichnete das stärkste Wachstum aller Verkehrsarten: 5.4%.
  • Zweistellige Zuwächse wurden in Salt Lake City, Minneapolis, New Jersey, Philadelphia, and Sacramento verzeichnet. Große Zugewinne auch in Buffalo and Houston.
So etwas konnte im autofixierten Amerika geschehen? Ja. Und das muss den Schienensystemem angerechnet werden, nicht den Bussen.

"Cars in America"
I'm Seeing Green
2007-01-31
"Car Free in America: The Alternative is Rail, Buses, Bikes and Just Plain Walking"
eMagazine.com
n.d., probably January 2007
"Report: Blame Yourself When Sitting In Traffic"
NY1 News
2007-01-12


Coimbra
©2005 J.Crawford

O Canada, du Land der Grünen

Die Kanadier machen sich inzwischen mehr Sorgen um die globale Erwärmung als um ihr Gesundheitssystem. Alle politischen Parteien versuchen, ihre Kontrahenten im grün-Sein zu übertreffen. Warum sind die Kanadier auf einmal derart mit der globalen Erwärmung beschäftigt? Warum sind sie zu Opfern bereit um dem Problem zu begegnen?

Dies ist besonders deswegen merkwürdig weil die globale Erwärmung Kanada zum Gewinner machen wird, indem die Vegetationsperiode verlängert wird, das arktische Eis schmilzt (und damit polare Schifffahrtsrouten frei werden), und die Erschließung von Rohstoffen weit im Norden erleichtert wird. Die globale Erwärmung wird sogar die Sterberate in Kanada senken, die im Winter üblicherweise ansteigt. Selbst der steigende Meeresspiegel wird Kanada kaum betreffen.

Die Kanadier scheinen in verschiedener Weise beinflusst worden zu sein. Al Gores Kinofilm Eine umbequeme Wahrheit schlug ein. Düstere Vorhersagen des renommierten britischen Ökonomen Sir Nicholas Stern sorgten für Besorgnis. Schließlich haben die detaillierten Vorhersagen der Verinten Nationen viele Menschen alarmiert.

Doch vielleicht ist noch eine andere Kraft am Werk. Vielleicht suchen viele Menschen nach der großen Ursache. Der Versuch, den Irak in die Demokratie zu zwingen, ist spektakular gescheitert. Alle Anstregungen, die westlichen Wertevorstellungen, wie Menschenrechte, Gleichheit der Geschlechter oder Herrschaft des Gesetzes durchzusetzen, hatten nicht den erwünschten Erfolg.

Jede Gesellschaft braucht einen Anlass. Den Klimawandel aufzuhalten ist der ultimative, kollektive Anlass, eine Kraftanstrengung, das Richtige zu tun, für uns selbst, unsere Kinder und den ganzen Planeten. Es ist die Entscheidung zu Gunsten des Lebens in einer Ära des Terrorismus.

"Out of the Blue: Why Green Became So Cool"
Common Dreams
2007-01-30


Beja
©2006 J.Crawford

Steigende Treibhausgasemissionen in Asien

Asien erlebt gewaltige Zuwächse beim Treibstoffverbrauch, Ergebnis einer gestiegenen Mobilität. Die Treibstoffkosten beginnen die lokale Wirtschaft abzuwürgen. Die schlimmsten Nachrichten allerdings sind die, dass die WHO 537.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr aufgrund steigender Luftverschmutzung vorhersagt.

In Asien wird man schlicht und einfach keinen höheren Lebensstandard erreichen, indem man den motorisierten Individualverkehr westlicher Art kopiert. Für Asien sehe ich schlechterdings keine Alternative als die weitestmögliche Verbreitung autofreier Städte, was einen langen Weg bedeutet bis diese Probleme gelöst sein werden.

"Asia's greenhouse gas 'to treble'"
BBC News
2007-12-14


Porto
©2005 J.Crawford

Falscher Alarm?

Eine nähere Untersuchung der Ströme im Atlantik zeigt, dass es bislang keine Anzeichen dafür gibt, dass der Strom warmen Wassers aus der Äquatorialregion in Richtung Norden sich verlangsamt hätte. Das System unterliegt natürlichen Wechseln in Bezug auf Geschwindigkeit und Fließrichtung. Weiterhin meinen einige Wissenschaftler dass es Jahrzehnte dauern werde bis ein systemischer Wandel der Geschwindigkeit über die normale Grenze hinaus sichtbar werde.

Die Daten stammen von der RAPID-Studie, die im März 2004 durchgeführt wurde. Der Wasserfluss wurde von 19 Bojen zwischen Westafrika und den Bahamas gemessen. Die Kurzzeit-Daten wurden mit solchen aus vier früheren Messungen verglichen, die bis 1957 zurück gingen. Der Vergleich zeigte eine 30%-Verlangsamung des Flusses in Richtung Norden. Die Analyse der Langzeitdaten zeigte allerdings keinen Nettoverlust der Fließgeschwindigkeit. Natürliche Varianz ist stark, und 95% der Wissenschaftler eines Symposions in Kiel waren der Ansicht, dass es keine wahrnehmbaren Änderungen in der Atlantik-Zirkulation gegeben habe. Die Beobachtungen sollen über ein Jahrzehnt weitergeführt werden. Dies bedeutet freilich nicht, dass wir damit ausser Gefahr wären; es bedeutet lediglich dass keine unmittelbare Gefahr besteht.

"False Alarm: Atlantic Conveyor Belt Hasn't Slowed Down After All"
Science
2006-11-17, p1064


Der alte Wald

Die Asphaltierung der Universität Berkeley

Die University of California at Berkeley, unter Gouverneur Ronald Reagan einst Schauplatz von Gewalt während der Free Speech-Bewegung, ist wieder Ort von Konflikten und möglicher Gewalt. Dieses Mal geht es um Bäume. Die Uni braucht angeblich mehr Parkplätze und will daher einen alten Hain abholzen lassen.

Der Baumbesetzer-Protest erhitzte sich am Boden und vor Gericht. Die Polizei konfiszierte Campingsachen der Protestierenden unter den Bäumen. Die Baumbesetzer sitzen nach wie vor auf fünf Eichen und einem Mammutbaum in dem Hain wo die UCB Parkplätze und ein Sportcenter bauen will. Das Abholzen wäre so ziemlich aus jeder Perspektive ein Fehler, doch die Uni bringt sich in wahrhafte Schwierigkeiten weil die Stadt Berkeley solche Bäume unter Schutz gestellt hat. Das Ende ist derzeit ungewiss.

"UC Berkeley attacks tree sitters despite court rulings"
Culture Change
Culture Change Letter #149, 2007


 

Faro
©2005 J.Crawford

Das Zen von Autos, Fahrrädern, und Füßen

Eine aktuelle Zusammenstellung von Verkehrs-Weisheiten

"Solange ich Erwachsene radfahren sehe ist mir um die Zukunft der menschlichen Art nicht bange." - H.G. Wells

"Alle wahrhaft großen Gedanken kommen beim Spazierengehen." - Nietzsche

"Keine Stadt sollte größer sein als dass ein Mensch sie morgens zu Fuß verlassen kann" - Cyril Connolly

"In einer Gesellschaft, wo man mit dem Auto zum Fitness-Center fährt, stimmt etwas nicht." - Bill Nye

"Nichts kommt dem Vergnügen einer Radeltour gleich." - John F. Kennedy

"Gehen verleiht langes Leben." - Hindu Sprichwort

Autofahren macht dumm.

Städte sind für Menschen, nicht für Autos.

Lass es einfach stehen!

Wer keine Zeit zum Laufen hat, wird Zeit zum Kranksein haben.

Schluss mit dem Hunger in der Welt. Ernährt Menschen, nicht Autos.

Ein neues Auto macht dich nur ärmer, nicht beliebter oder glücklicher.

Radfahren ist nicht unamerikanisch. Besonders wenn man einen ACLU(amerik. Bürgerrechte, d. Übers.)-Aufkleber draufklebt.

Einen SUV zu fahren ist unamerikanisch, egal wie viele amerikanische Flaggen darauf kleben.

Eine Minute Radfahren bedeutet mehr Fitness als eine Stunde das Gaspedal zu drücken. Selbst wenn man sehr fest drückt.

Straßen sind Lebens-Plätze, keine Parkplätze.

Autos machen es uns schwer aufeinander zu hören.

Aus einem Auto sieht man nichts.

Liebe einen Radler, kein Auto.

 
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Brandneue Links

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Making Other Arrangements by James Howard Kunstler

Towards a motor-free city from Auroville Universal Township

Removing Freeways - Restoring Cities from the Preservation Institute

Weighing In on City Planning: Could smart urban design keep people fit and trim? by Ben Harder

PedNet - pedestrians and cyclists in Columbia, Missouri

The Good Life in Greece by Jay Walljasper

My City Is Mine, Thanks to my Wheels by Debra Efroymson

Why I traded in my car for a bike by Mark Stosberg

One Less Car - The Movie

"Win-Win Transportation Solutions Cooperation for Economic, Social and Environmental Benefits" [PDF!] from VTPI

"Win-Win Emission Reduction Strategies Smart Transportation Strategies Can Achieve Emission Reduction Targets And Provide Other Important Economic, Social and Environmental Benefits" [PDF!] from VTPI

Kollektivtrafik för bilistens behov [PDF!] (Swedish)

Das Open Source Car "OSCAR" aus Darmstadt.


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Nächste Ausgabe

Die nächste Ausgabe von Carfree Times ist für Mai or Juni 2007 vorgesehen.

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