Carfree Times

      Issue 38

30 März 2005     
 
Venedig
Straßenszene
Venedig, 2001

Bekanntmachungen

Unterstützung für Carfree.com

Die Unterstützung für Carfree.com hält an. Luke G. zahlte für Mai und Juni 2005. Danke!

Gehen Sie bitte zur Unterstützer-Seite wenn Sie einen Beitrag leisten wollen, Carfree.com und Carfree Times auf Sendung zu halten. Der Server kostet monatlich 50 US $ und stellt den Nutzern über 100.000 Seiten im Volumen von mehr als 10 GigaByte zur Verfügung.

Carfree Design Manual

Die Arbeit am Carfree Design Manual schreitet fort. Die ersten drei Teile sind fertig. Es dürfte Ende diesen Jahres erscheinen.

Carfree Cities Verfügbarkeit

Sowohl die Paperback- als auch die gebunden Ausgabe von Carfree Cities sind überall erhältlich. Details auf der Bestellseite page.

Zazzle Poster

Das Strassenmodell für autofreie Städte ist bei Zazzle käuflich erhältlich. Ein geringer Teil des Gewinns geht an mich.

World Carfree Network

18. - 21. Juli: Towards Carfree Cities V

Towards Carfree Cities V (TCFC V) wird in Budapest über die Bühne gehen. Das Programm und Reservierungen sind nun auf der Konferenz-Webseite erhältlich. Dies ist die fünfte Konferenz in Folge, die vom World Carfree Network orgenisiert wird. TCFC VI wird 2006 in Bogotá stattfinden.

Carfree Pilot

Das World Carfree Network strebt die Errichtung eines autofreien Pilot-Projekts an. Städte können sich weltweit darum bewerben, Testgelände für die Umwandlung eines existierenden Stadtgebiets zu einer Auto- und Motorfahrzeug-freien Umgebung zu sein. Es würde ein menschlicher, lebendiger und architektonisch reizvoller Ort werden. Die ausgewählte/n Stadt/Städte würden finanzielle und beratende Unterstützung des World Carfree Network und seiner Partnerverbände erhalten. Die Umwandlung selbst würde durch Menschen vor Ort mitbestimmt. Wer Interesse hat möge info@worldcarfree.net kontaktieren. Die organisatorische Arbeit wird auf der Konferenz in Budapest getan werden.

Car Busters

Car Busters, die Zeitschrift vom World Carfree Network, führte ihren ersten Schriftsteller-Wettbewerb durch, in dem die Ausgestaltung der Zukunft nach dem Ende des Öls skizziert werden sollte. Die Gewinner werden in der April-Ausgabe bekannt gegeben.

Konferenz in Deutschland

In Münster wird am 9. und 10. April eine Konferenz über das autofreie Projekt "Gartensiedlung Weissenburg" stattfinden.


 

News Bits

Auto-Light in Paris oder, verbannt die Autos, Vollgas voraus!

Mir liegen nicht die Autos am Herzen. Mir liegt die Gesundheit der Pariser am Herzen. Ist es meine Schuld, dass Autos die Hauptquelle der Luftverschmutzung in der Stadt sind und dass sie annähernd zwei Drittel der Strassenfläche belegen? Die Dinge müssen wieder ins Gleichgewicht gebracht werden.

Diese Geschichte wurde schon mit "autofreie Pariser Innenstadt" überschrieben, doch ist dies eine Übertreibung. Gleichwohl plant der radikal fußgänger- und radlerfreundliche Bürgermeister Delanoë bis 2012 in Paris dramatische Verkehrsbeschränkungen, von denen die meisten Verbesserungen bis 2007 kommen sollen. Delanoë ist durch sein Paris Plage-Projekt und andere, gegen den Autoverkehr gerichtete Massnahmen, bereits ein Volksheld.

Bis 2007 sollen in der Stadt:

  • die Geschwindigkeit auf 30 km/h reduziert werden
  • eine Spur der Autobahn entlang der Seine als Radweg umgebaut werden.
  • die Breite anderer Strassen reduziert werden
  • verschiedene grosse Boulevards zu zweispurigen (d.h. langsameren) Strassen umgebaut werden.

Nach dem Plan würden lt. dem Journal du Dimanche. die Autos von Nichtanwohnern sowie Touristenbusse aus einem 5,6 Quadratkilometer großen Bezirk nördlich der Seine verbannt. Etliche Hauptstraßen, einschliesslich der stark befahrenen Autobahn den Fluss entlang, sollen für den Verkehr geschlossen werden. Statt dessen sollen Radwege gebaut und die Parkgebühren angehoben werden.

Das Projekt würde alle Menschen im ersten bis vierten Arondissement betreffen, vom Place de la Bastille bis zum Place de la Concorde (einem der lautesten Orte auf diesem Planeten, was fast nur an dem extremen Strassenverkehr liegt).

Nur einer von vier Haushalten in diesem Stadtbezirk nennt ein Auto sein eigen und es wird erwartet, dass die Anwohner den Plan weithin unterstützen. Der Handel wird sich ihm widersetzen. Christian Gerondeau von der Nationalen Vereinigung der Automobilclubs sagte, "Der Plan wird Paris in ein Ghetto verwandeln und die Haupstadt von ihrem Hinterland abschneiden. Das Auto ist für wirtschaftliche und kulturelle Aktivität unerlässlich". Klar. Erzählt das mal den Venezianern!

Der Plan unterstützt auch Paris' Bewerbung um die Ausrichtung der Olympiade 2012, die stark auf Umweltschutz hin ausgerichtet ist.

Bürgermeister Delanoës Wahlkampf 2001 versprach die Schaffung von mehr "Raum für Menschen" in Paris, wo Verkehr und Luftverschmutzung sich ständig verschlimmert haben. Delanoë versprach, dass er sich "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der schädlichen, ständig wachsenden und unakzeptablen Vorherrschaft des Autos widersetzen" würde. Er bezeichnete den Kampf gegen Autos als seine "Pflicht, die jedoch auch den Bestrebungen der Mehrheit der Menschen in Paris entspricht". Er betonte weiter, dass "private Fahrzeughalter, die ein Viertel der Strassenbenutzer ausmachen, bis zu 94 % der Pariser Strassenfläche belegt halten."

Seit seiner Wahl hat er die Strassenfläche für Autos reduziert, was böse Staus hervorrief, denen zu trotzen nur wenige Leute bereit sind. Anders als in so vielen anderen Städten wird dies als Segen angesehen. Bezirksbürgermeister Yves Contassot sagte: "Nur indem wir den Motorisierten das Leben zur Hölle machen werden wir sie dazu bewegen, das Autofahren zu lassen." Die Strategie scheint zu wirken! Straßenfläche wird für Busse, Taxis und Fahrräder reserviert. Autos müssen sich in dem, was übrig bleibt, zusammendrücken. Die Autofahrer waren erwartungsgemäß ausser sich.

Delanoë sieht die weithin begrüßte Sperrung der Autobahn entlang der Seine als ersten Schritt in einem Plan, beide Flussufer zurückzuerobern und den Autoverkehr zugunsten dessen, was er sanften Verkehr - "alles, was sich ohne Motor bewegt" - nennt, zurück zu drängen.

"Car-free central Paris planned by 2012"
Expatica
15 March 2005
and
"A Tale of Two Cities: The Mayors of Paris and London Say 'Enough' to Cars"
Transportation Alternatives
Fall 2002
and
"Le coeur de Paris sans voiture en 2012"
tf1.fr
17 March 2005

Aber nicht in London

London, andererseits, wird dem Beispiel von Paris wohl nicht folgen, auch aufgrund der 100 Millionen Pfund Sterling, die jedes Jahr durch die City-Maut hereinkommen (die Maut soll diesen Sommer von 5 auf 8 Pfund erhöht werden, was den Verkehr um 5% reduzieren soll). Bürgermeister Livingstone, der mit der U-Bahn zur Arbeit fährt, denkt scheinbar, dass Großstädte "ein gewisses Maß Verkehr benötigen um nicht zu Geisterstädten zu werden". Klar. Erzählt das mal den Venezianern!

Bislang scheint Einigkeit darüber zu bestehen, dass die Umwandlung kleiner Bereiche des Trafalgar Square zur Fußgängerzone ein Erfolg war. Meine eigenen Erfahrungen dort im Sommer 2003 waren die, dass es viel besser war als früher und dass dennoch viele Verbesserungsmöglichkeiten bleiben. Die Änderungen haben nichtsdestotrotz tausende Tagesbesucher zusätzlich angezogen. Richard Rogers ist Livingstones städtebaulicher Berater und dringt auf ein Sonntagsfahrverbot entlang der Themse.

Die Vereinigung 'Living Streets', die sich für die Belange von Fußgängern einsetzt, kritisiert, dass den Belangen von Minderheiten zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Nur einer von dreizehn Menschen, die zwischen 7 Uhr und 10 Uhr früh in das Londoner Zentrum gelangen, tut dies in einem Auto; die übrigen nutzen öffentlichen Nahverkehr, Fahrräder oder gehen zu Fuß. Ein Sprecher sagte: "Viele Straßen in Londons Innenstadt sind mittlerweile so von Fußgängern beherrscht, dass es der logische nächste Schritt wäre, die Autos auszusperren. Unsere Straßencafés könnten es mit jedem in Paris aufnehmen."

"Copying French would cost Livingstone £100m"
TimesOnLine
15 March 2005

Geschäftswelt in New York möchte die Maut

Verkehrsstaus sind ein ernstes Problem in New York, und einige kapitalistische Geschäftsleute schauen auf die City-Maut des Sozialisten Ken Livingstone in London. Das eingenommene Geld würde der maroden Metropolitan Transportation Authority helfen können.

Der republikanische Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, wollte Pendler für die Einfahrt nach Manhattan zur Kasse bitten, doch sein Plan wurde von behördlicher Seite blockiert, wo man Reaktionen von Vorstadtbewohnern, die in der Stadt arbeiten und traditionell republikanisch wählen, fürchtete. Auch andere Städte schauen interessiert auf den Erfolg Livingstones in London.

"NYC businesses call for road congestion charge"
FT.com
17. Januar 2005
Dank an Carfree News für diese Info.

New Yorker schmeissen ihre Autos weg

New Yorker lassen scharenweise von ihrem Auto ab. Es ist schlicht den Ärger und die Kosten nicht wert. Der Anteil der Autobesitzer fällt - 2003 waren 5% weniger Autos registriert als noch im Rekordjahr 2000. Berechnungen für 2004 zeigen einen stetigen Abfall der Kurve. Die Parkgebühren steigen und steigen; in Manhattan kostet Stellplatz schon über 400 US $ im Monat.

"Fed-up NYers ditch their cars"
Transportation Alternatives
14 February 2005

 
cigarette
Goliath: The Road Gang

David & Goliath

Auf Goliath (die Autoindustrie, oben) wurde von David (in diesem Fall die Vereinigung besorgter Wissenschaftler, unten) ein Stein geschleudert. Die Auto-Bande klebte ihre Werbung hauptsächlich an Umgehungsstrassen zu der Zeit, als der Kongress über Autoabgase debattierte.

cigarette
David: Union of Concerned Scientists

Lesen Sie die ganze Geschichte hier und unterstützen Sie die UCS finanziell, damit sie ihre Gegenwerbung platzieren kann. Die Auto-Mafia trickst nach wie vor herum, mehr als 50 Jahre nachdem sie erstmals krimineller Absprachen für schuldig befunden und zu knackigen 5000 Dollar pro Unternehmen verurteilt worden waren. (Dies, denke ich, dürfte ihnen eine Lektion gewesen sein).

Dank an Steve von Pohl bei
Car Busters dafür, dass er dies gefunden hat.
Lesen Sie Stephen B. Goddard's Getting There: The Epic Struggle
Between Road and Rail in the American Century

mit allen schäbigen Details über die Auto-Mafia.

Kinder-freie Städte???

Der Anteil an Kindern in städtischen Bereichen geht in ganz Amerika zurück. Dies führt zu Schulschließungen und einem generellen Verlust an Lebendigkeit, die Kinder mit sich bringen. "Unser Viertel hätte so gerne mehr Kinder, dies ist wohl auf der Wunschliste ganz oben", sagte Joan Pendergast von der Pearl Neighborhood Association in Portland. "Wir wollen keinen eindimensionalen Lebensraum". Die Innenstadt von Portland wächst, doch die Anzahl Kinder stagniert oder geht zurück.

Die Gründe liegen auf der Hand: Familien mit Kindern können sich die enormen Kosten des Wohnens in der Stadt nicht leisten. Am schlimmsten scheint es in San Francisco. Der durchschnittliche Hauspreis liegt bei horrenden 700.000 Dollar und lediglich 14,5% der Bewohner sind unter 18, gegenüber 25,7% landesweit. Auf dem zweiten Platz: Seattle, wo es mehr Hunde gibt als Kinder.

Wie bekommen wir wieder mehr Kinder in unsere Städte? Entfernen wir die Autos. Das würde Innenstädte sicherer für Kindern machen und Platz schaffen, wodurch die Kosten für neue Wohnungen sinken könnten. Auch kann der freiwerdende Platz für notwendige Spielplätze genutzt werden.

Rettungsfahrräder sind Erster

Rettungsfahrräder sind einfach, günstig und wirksam. Krankenwagen in Norwich, England, benötigen mindestens 8 Minuten um einen Unfallort in der Innenstadt zu erreichen, manchmal weit länger. Ein Unfallhelfer auf einem Rad ist in durchschnittlich 2 Minuten am Ort des Geschehens, nie später als 5 Minuten und manchmal schon während der Notruf noch in der Leitung ist.

"Paramedic bike gets there fast"
Spokes 32 (Kent, UK)
Summer 2002

toothpastefordinner
One of the daily drawings by drew at
ToothpasteForDinner
 

Luftverschmutzung ist schlecht für Kinder

Die Luftverschmutzung könnte einer neuen Studie zufolge genetische Änderungen selbst im Mutterleib verursachen, die für erhöhtes Krebsrisiko sorgt. Sechzig Neugeborene und ihre nichtrauchenden Mütter aus Wohngegenden mit Geringverdienern wurden untersucht. Schadstoffe (vor allem aus Fahrzeugen) wurden während des dritten Schwangerschaftsdrittels der Mutter nachgewiesen.

Die genetischen Veränderungen wurden nach der Geburt gemessen und man fand um 50% erhöhte Werte genetische Abnormitäten im Gewebe der Kinder aus stark schadstoffbelasteten Gegenden. Dr. Frederica P. Perera sagte, "Es war uns bereits bekannt, dass Luftverschmutzung das fötale Wachstum beeinträchtigt, doch wir sahen nun zum ersten Mal, dass sie auch die Chromosomen in utero ändern kann." Sie sagte, dass die Ergebnisse die Notwendigkeit zu Schritten zum Schutz der Kinder untermauern.

"Pollution Is Linked to Fetal Harm"
NY Times
16 February 2005

.. und auch schlecht für Sie

Neue Untersuchungen lassen stark darauf schließen, dass Abgase die DNA schädigen und das Krebsrisiko erhöhen. Die Studie untersuchte den Anteil von 8-OHdG im Urin von Angestellten, die an Mautstellen arbeiten. Das Vorkommen dieser Chemikalie ist ein Anzeichen für Schädigungen an der DNA durch freie Radikale aus belasteter Luft.

Weibliche Angestellte, die an Mautstellen an Autobahnen im Süden Taipeis (Taiwan) arbeiten, wurden untersucht und mit anderen weiblichen Büroangestellten verglichen. Die Forscher untersuchten die Urinproben auf 8-OHdG und 1-OHPG, die beide durch Niederschlag aus Luftschadstoffen verursacht werden. Auch die Blutwerte von Stickoxid (ein weiterer Inidikator für Gewebeschäden, die durch Nebenprodukte von Abgasen verursacht werden) wurden gemessen.

Die Werte des 8-OHdG im Urin der nichtrauchenden Beschäftigten an den Mautstellen waren 90% höher als die der Büroangestellten. Die Stickoxid-Werte lagen um 30% höher. Den Forschern zufolge zeigt ihre Studie einen Zusammenhang zwischen den Abgasen und erhöhter Aktivität freier Radikaler und den folgenden DNA-Schädigungen. Sie forderten Massnahmen zum Schutz der Gesundheit und nach Verringerung der Abgasmengen. Ein Forscher sagte, dass wenn ein genotoxischer Effekt bestätigt würde, es nötig sei, sich weniger der verschmutzten Luft auszusetzen.

"Traffic fumes 'damage human DNA'"
BBC News
22 March 2005

Ziemlich leise, schnelle Fracht

Railvolution berichtet, dass das LEILA-DG Güterwagen-Drehgestell nach fünf Jahren intensiver Entwicklungsarbeit fertig entwickelt wurde. Das neue Drehgestell ist leichter, erzeugt durch steuerbare Räder weniger Abnutzung und Lärm, sicherere Scheibenbremsen, eingebaute Fehlererkennung, schnelleres Bremsen im Verschiebebahnhof sowie lärm- und vibrationsärmere Gummiaufhängung und - federung. Zuletzt wurden lärmarme Räder dafür angepasst. Das Ergebnis ist eine erhebliche Lärmreduzierung um 18 dB verglichen mit konventionellen Güterwagen. Dies ist eine derartige Verbesserung, dass geschätzt wird, dass 60 Waggons mit dem neuen System wenig laut siond als ein einziger mit dem herkömmlichen Drehgestell. Bestehende Systeme können nachgerüstet werden und mit Geschwindigkeiten bis zu 120 km/h gefahren werden. Schienentests werden in Bälde erwartet.

Während es in Europa in den letzten beiden Jahrzehnten bemerkenswerte Innovationen beim Passagiertransport gegeben hat, lag der Gütertransport lange zurück. Dies neue Drehgestell scheint neues Interesse an der Güterfracht zu signalisieren, das in Europa überfällig ist. (Die USA, mit trostlosem Passagiertransport, führen derzeit bei der Schienenfracht).

"InnoTrans 2004; Part 3"
Railvolution
5:1, page 53

Weniger Auto spart Geld

Untersuchungen in England haben ergeben, dass "sanfter Transport" eine phänomenale Ertragsrate bringen - einen Gewinn von über 10 Pfund für jedes aufgewendete Pfund. Die Massnahmen bestehen u.a. aus:
  • Verbundtransport zum Arbeitsplatz und zur Schule
  • Information über ÖPNV
  • Car sharing
  • Tele-Arbeitsplätze
  • Online shopping
Weiter so!

"Cost Effectiveness of Cutting Car Use"
World Carfree News
Number 18, March 2005
and
Smarter choices - Changing the way we travel
Department for Transport, London

 

Am Ende des Wetters

Carfree Times lässt das Kapitel 'Klimawandel' nach dieser Ausgabe künftig aus. Der Klimawandel ist nicht länger ein Thema, er ist Tatsache. Ein Temperaturanstieg von 11° C (20° F) ist möglich. Die Folgen werden schrecklich sein: Seuchen, Hungersnöte, Artensterben ... die globale Erwärmung könnte unumkehrbar werden. George W. Bush wird in die Geschichte eingehen als der Mann, der das meistmögliche tat, diese Katastrophe über uns zu bringen. (Selbst Tony Blair macht sich Sorgen!)

Climateprediction.net nutzte verteilte Rechnerarchitekturen um zwischen tausenden konkurrierender Klimamodelle einen genaueren Blick auf die möglichen Folgen werfen zu können. Kein Modell zeigte einen Anstieg von weniger als 2° C, und selbst dieser scheinbar geringe Wert würde ernste Schwierigkeiten bedeuten.

Letztendlich ist auch das Kyoto-Protokoll in Kraft getreten, trotz der verzweifelten Versuche von Bush & Co., es scheitern zu lassen. Es ist beileibe nicht ausreichend und dürfte viel zu spät kommen, doch es ist zumindest eine Rahmenvereinbarung um die notwendigen Änderungen anzustreben. Das selbe Verfahren funktionierte auch bei den Montrealer Verträgen zur Verringerung der FCKW und sollte wieder angestrebt werden, wenn auch hier mit einem wesentlich schwerer handhabbaren Problem.

Wenn Sie nicht glauben, dass es sich um ein ernstes Problem handelt, lesen Sie folgendes:

"Global Warming: Scientists Reveal Timetable"
Common Dreams
4 February 2005
Originally in the Independent/UK

"Global Warming Approaching Point of No Return, Warns Leading Climate Expert"
Common Dreams
14 January 2005
Originally in the Independent/UK

"Climate Change: Countdown to Global Catastrophe"
Common Dreams
24 January 2005
Originally in the Independent/UK

" Alarm at new climate warning"
BBC News
26 January 2005

"Apocalypse Now: How Mankind is Sleepwalking to the End of the Earth"
Common Dreams
6 February 2005
Originally in the Independent/UK

Wir verlassen also dieses Thema und erinnern daran, dass autofreie Städte die wahrscheinlich einfachste, günstigste und effektivste Weise sind, Treibhausgase dauerhaft zu verringern. Zugleich würden sie eine bedeutende Verbesserung der Lebensqualität mit sich bringen. Die Menschen beginnen, dies zu verstehen.

 

Der Öl-Report

Die Diskussion um das Ende des Öls wird nach wie vor von Leuten geführt, die die Fakten nicht kennen. Ich werde der Konferenz der ASPO (Association for the Study of Peak Oil) im Mai hier in Lissabon beiwohnen. Ich werde versuchen, die Idee von autofreien Städten als Antwort auf die nachlassenden Ölvorräte zu verbreiten. Die Teilnehmer auf dieser Konferenz werden als Realisten darüber reden, wann die Spitzenförderung erreicht sein wird, nicht ob. Die Antwort der weltweit führenden Experten, von denen die meisten in Lissabon anwesend sein werden, wird vermutlich "sehr bald, wenn nicht jetzt" sein.

Wir werden wohl niemals wieder deutlich mehr Öl herausholen als heute und wir werden das heutige Niveau kaum für lange halten können. In Verbindung mit dem steigenden Bedarf der Chinesen wird die stagnierende Produktion die Welt in eine Ölkrise stürzen. Anders als die ersten beiden Ölkrisen wird diese letzte kein Ende haben.

Der Ölpreis liegt mittlerweile beständig über 50$/Fass und die OPEC hat nicht vermocht, den Preis herunter zu reden. Ich stehe womöglich mutterseelenallein mit meiner Vorhersage und prognostiziere doch den Ölpreis Ende 2006 bei 100$/Fass. Dies wird Auswirkungen auf den Verbrauch haben und daher werden die Preis für eine gewisse Zeit nicht über dies Niveau ansteigen.

Was dann passiert kann sich jeder selbst ausmalen. Globale Energieproduktion und -verbrauch sind auf einem derart hohen Niveau und haben eine hohe Trägheit, so dass schneller Wandel bis dato ausser Frage erscheint. Wir werden erleben wie die Sonnenenergie technisch und wirtschaftlich attraktiv wird. In dem Maße in dem Photovoltaik, Windenergie und Solarenergie hochkommen wird die Nachfrage nach Öl zurückgehen, daher wird der Preis so bald nicht die 200$/Fass erreichen, selbst angesichts nachlassender Produktion. (Wenn allerdings Osama bin Laden die saudische Produktion zum Erliegen bringt dürfte alles möglich sein).

Die Auswirkungen werden gravierend und überall zu spüren sein. Wie in den Siebzigern wird tiefe Rezession in Verbindung mit hartnäckiger Inflation erscheinen. Stark ölabhängige Bereiche wie die Landwirtschaft werden durch die steigenden Energiekosten schwer getroffen werden. Besonders übel wird es die Luftfahrt erwischen, die jetzt schon schwer zu kämpfen hat.

Still und heimlich kehrt die Atomkraft zurück auf die Tagesordnung. Ich weiss nicht, ob die Reaktortechnik in den letzten 30 Jahren, seit zum letzten Mal ein neues Atomkraftwerk in Auftrag gegeben wurde, wirklich verbessert wurde, doch ich argwöhne, dass durchgreifende Verbesserungen nicht erreicht wurden. (Vorschläge zur Verbesserung der Reaktorsicherheit liegen seit Jahrzehnten auf dem Tisch, doch die Entwicklungskosten wären erheblich.) Die Entsorgungsfrage ist theoretisch lösbar, doch offenbar nicht in der Praxis.

Die große Frage für die Menschheit ist, ob in der Mitte dieses Jahrhunderts massenhafte Hungersnöte werden abgewendet werden können oder nicht. Ich denke, dass dies gelingen kann, doch wir müssen nun wirklich handeln. Autofreie Städte bieten die wahrscheinlich einfachste, günstigste und effektivste Weise, den Energieverbrauch dauerhaft zu senken. Zugleich würden wir uns einer bedeutende Verbesserung der Lebensqualität erfreuen können. Die Menschen beginnen, dies zu verstehen.

Hat Saudi Arabien die Spitzenförderung erreicht?

Matthew Simmons, ein Berater von Bush(!) sagt, dass "wir womöglich schon die Spitzenförderung hinter uns haben". In einem Interview mit Al Jazeera sagte Simmons:
"Wenn die Saudis ihre Felder durch Überproduktion beschädigt haben, versehentlich oder nicht, dann könnten wir die Allzeit-Spitzenproduktion bereits hinter uns haben. Iran hat den Zenit mit Sicherheit überschritten, kein Weg auf Erden wird sie wieder zu 6 Millionen bpd (Fass/Tag) zurückbringen.
Übermässige Fördervolumina schädigen die Erdschichten, in denen das Öl enthalten ist. Förderbares Öl ist dann für immer verloren. Simmons bewertete das Dokument eines obskuren US Senats-Ausschusses von 1974, in dem ein Angestellter von Saudi Aramco behauptete, die Gesellschaft hätte das Riesen-Ölfeld Ghawar überstrapaziert und dass Beschädigungen wahrscheinlich seien. Einige Fachleute rieten zu dieser Zeit dazu, die saudische Produktion um 4 mbd zu senken. Simmons bemerkte auch eine heftige Diskussion innerhalb Aramcos betreffs Überproduktion.
In den frühen 1970ern behauptete die Gesellschaft, zur Produktion von 20 bis 25 mbd im Stande zu sein, im Jahre 1978 waren es dann 12 mbd. Derzeit sieht es so aus, als ob maximal 9,8 mbd erreicht werden können.
Simmons wies die Auffassung, die Saudis könnten die Förderung auf 12 mbd erhöhen, zurück:
Das ist gefährlicher Unsinn. Wenn wir sagen, sie haben das Maximum noch nicht erreicht und sie entscheiden sich dazu, die Produktion anzuheben, so werden sie den Förderrückgang ihres Feldes nur weiter beschleunigen und noch dazu große Mengen wertvollen Öls vergeuden.
Tatsächlich könnte die Überproduktion der Grund für die Zurückstufung der Ölreserven sein, wie dies kürzlich bei Shell vorkam.

Andererseits sagte der saudische Ölminister Al-Naimi kürzlich, die Saudis würden bis 2010 die Produktionskapazität auf 12,5 mbd steigern. Ob dies überhaupt zu erreichen sein wird, bzw. ohne Ölfelder dabei zu beschädigen, scheint hochgradig fragwürdig.

Ziemlich wahrscheinlich sind wir bei oder nahe bei dem Fördermaximum. Der nächste Akt des Dramas muss erst noch geschrieben werden, doch die Handlung ist ziemlich einfach: Zurückgehende Ölförderung. Für immer.

"Expert says Saudi oil may have peaked"
Aljazeera.net
20. Februar 2005
and
"Saudi minister: Kingdom can raise oil supply by 1.5 million bpd"
Channel NewsAsia
21 March 2005

Bedrohliche Anzeichen

Exxon verdiente im vierten Quartal 8,42 Milliarden US-Dollar, die höchsten je von einer US-Gesellschaft gemeldeten Gewinne. Was also kann bei der Ölindustrie im Argen liegen? Eine Menge. Ölgesellschaften geben Unsummen für die Erschließung aus und haben doch kaum neues Öl zu bieten. Ihre Reserven schwinden:
  • ConocoPhillips verkündete, dass Neuzugänge zu seinen Ölreserven 2004 nur etwa 60-65% der Produktion entsprächen
  • ChevronTexaco mochte keine genauen Zahlen nennen, gab aber zu, dass die Neureserven für 2004 niedrig seien.
  • Royal Dutch/Shell verringerte die geschätzten Reserven um weitere 10% und erhöhte damit die Abschreibung auf insgesamt 5,3 Milliarden Fass. 2004 konnte die Gesellschaft nur etwa 45-55% des Öls und Gas ersetzen, dass sie förderte.
Wir sind nach wie vor abhängig von unserem "ererbten Vermögen", das von vor 40 oder 50 Jahren stammt. Matt Simmons (siehe Artikel oben) sagte: "Wir haben keine guten Vorkommen mehr. Dies ist keine Frage von Geld ... wenn diese Gesellschaften großartige Projekte hätten, dann wären sie da draussen (und würden neue Ölfelder erschliessen)".

Nachdem es beim Schürfen nach Öl wenig zu verdienen gibt tun große Ölgesellschaften das, was finanzstarke Firmen am besten können: Sie machen Geld indem sie andere Firmen aufkaufen. Das allerdings trägt nichts zur Sicherstellung der Ölversorgung bei.

Das US Department of Energy's International Energy Outlook 2004 erwartet "das Fördermaximum konventionellen Öls eher in der Mitte als zu Beginn des 21. Jahrhunderts". [Übersetzt: 2026, wenn wir die Daten entsprechend frisieren]. Der Geologe Kenneth S. Deffeyes von der Princeton University sagt in seinem neuen Buch Beyond Oil, dass "die Spitze Ende 2005 oder in den ersten Monaten von 2006 erreicht sein wird." Mike Rodgers von PFC Energy sagt die Spitze zwischen 2010 und 2015 vorher. Wer kann es wirklich wissen?

Was unerwähnt bleibt ist die Tatsache, dass bei weiter steigendem Verbrauch selbst eine Spitzenförderung im Jahre 2025 lange vorher Versorgungsengpässe mit sich bringen wird. Die Leute greifen nach "unkonventionellem Öl" aus problematischen Quellen wie Teersänden und Ölschiefer, die schwierig, teuer und umweltpolitisch riskant zu erschliessen sind. Auch mit "verflüssigtem Erdgas" als Nothelfer wird geworben, doch die sich abzeichnende Gasknappheit in Nordamerika lässt vermuten, dass die Gasproduzenten es vorziehen dürften, die leichteren Bestandteile dieser Kohlenwasserstoffe statt dessen im Gas zu verwenden.

Erwarten Sie einstweilen meinen Bericht aus Lissabon.

"The Energy Crunch to Come
Soaring Oil Profits, Declining Discoveries, and Danger Signs"
CommonDreams.org
22 March 2005
First published by TomDispatch.com

 

Neue Links

Untenstehende Links öffnen ein neues Browserfenster:

The New Modernity

An Architecture for Our Time

Why the Western Economic Model Will not Work for the World

The Future Isn't What It Used To Be Changing Trends And Their Implications For Transport Planning [PDF!] (VTPI)

World Transport Policy & Practice

TramTrain

The Neighbourhood Initiatives Foundation

Road design? He calls it a revolution

Adaptions to Main Roads [PDF!]

A Tale of Two Cities: The Mayors of Paris and London Say "Enough" to Cars

They're Not Making More (Review: Out of Gas: The End of the Age of Oil)

The Public transport and priority to pedestrians and bicycles as a basis for the quality of life in capital cities [PDF!] General Assembly of UCUE, Lisbon, 27 September 2002 (I would be very grateful if someone would volunteer to read and summarize this document!)


 

Über Carfree Times

Nächste Ausgabe

Die nächste Ausgabe von Carfree Times erscheint Ende Juni 2005.

Abonnieren von Carfree Times

Carfree Times erscheint vierteljährlich bei Carfree.com. Wenn Sie per Email über neue Ausgaben informiert werden wollen gehen Sie bitte auf die Subriktions-Seite oder senden Sie eine E-mail mit dem Wort "Subscribe" im Betreff. Wir geben unsere Mailingliste nicht weiter.

Kontaktinformationen

Herausgeber      J.H. Crawford
ÜbersetzungUlrich Nehls
E-mailSend e-mail
URLhttp://www.carfree.com/


Zurück zu Carfree.com
Carfree Times Home
Zur vorherigen Ausgabe Carfree Times Nummer 37
Über das Buch: Carfree Cities

E-mail
carfree.com
Copyright ©2005 J.Crawford